Felsformationen türmen sich rechts und links von uns auf. Das Gestein hat Farben von hellem beige über rötliche Töne bis hin zu hellem grau. Die glänzen wie mit Klarlack besprüht und laden uns ein, diese herrliche Straße zu benutzen. Der dunkle Belag bildet einen geradezu passenden Kontrast zu der ganzen Landschaft ringsum. Die Straße ist übersichtlich und diese langgezogenen Kurven können bedenkenlos durchflogen werden.


Land / Region:
Spanien / katalonien

Charakter:
Straße

Länge:
235 + 460

Reisezeit:
Mai



Tag 3

Da die Ankunft in Barcelona erst gegen 13 Uhr eingeplant ist, schlafen wir lange und räumen unsere Kabinen erst kurz vor 10 Uhr. Die Überfahrt war extrem ruhig, so sind wir fit für die erste Runde in Spanien. An Deck sorgt der Blick auf die Küstenregionen Südfrankreichs und Kataloniens für Kurzweile. Die geplante Fahrzeit unterschreitet die Excelsior um glatte 2 Stunden, so dass wir kurz nach 12 Uhr wieder an Land sind und das Hafengelände verlassen. An einer Tankstelle am Rande Barcelonas werden die Tanks noch mit dem günstigen spanischen Treibstoff befüllt. Wir hören den Sound stark beschleunigender Motoren auf der BV-2411, deren kurvigem Verlauf wir dann auch folgen und es den einheimischen Fahrern gleichtun. Nach überqueren der ersten Erhebung geht es über die N-340 und einigen schnellen, geraden Passagen geht es weiter. Nach einer kurzen Pause mit Kaffee in Alcover steigen wir ein über die T-7041 in die Bergwelt des Hinterlandes von Tarragona. Dieses ist nicht umsonst bekannt als Revier für Neuvorstellungen von Motorrädern. Über viele enge aber harmonische Kurven auf bestem Belag gewinnen wir über T-7041 schnell an Höhe und erklimmen ca. 950 Meter über NN. Bewegende Ausblicke aufs Meer bremsen öfter die spaßige Kurvenhatz. Wir nehmen ein kurzes, schmales Verbindungsstück zur T-704, die sich auf wenigen km in die Tiefe stürzt. Ein einmaliges Erlebnis, für das ich den Begriff „kleines Stilfser Joch“ präge. Nur die Geraden sind wesentlich kürzer und die Kehren ideal eng. Über C-242, T-702 und einigen weiteren, kurvenreichen Straßen geht die Fahrt weiter Richtung Ebro. Es geht mal bergauf und mal bergab. Imposante Felsformationen türmen sich mal links, mal rechts und mal vorn auf. Schon alleine das Erlebnis dieser Landschaft lohnt sich hierher zu kommen. Aber noch mehr das Befahren dieser Straßen.

Ein kleines Grande Finale bildet die ca. 10km lange Stichstraße hoch zu unserem Zielort La Fatarella. Wir liegen dicht an dicht in den Kurven, wie an einer Perlenschnur aufgezogen, mit Geschwindigkeiten zwischen 60 bis 100km/h und würden gerne in alle Ewigkeit so weitermachen. Ich frage mich, ob dieses breite Grinsen, das mir im Gesicht steht, je wieder verschwindet. Nach ca. 240 km, wovon 150km gefühlt keine Gerade haben, erreichen wir pünktlich um 18 Uhr unser erstes Übernachtungsziel in Spanien. Im B & B Petit ShangriLa von Giancarlo und Sonja fühlen wir uns auf Anhieb sauwohl. Wir unterhalten uns entspannt auf Englisch. Giancarlo erzählt uns einiges über ihr kleines Hotel und Sonja begrüßt uns mit der kleinen Tochter Lunel auf dem Arm, welche der Mutter hörbar ins Ohr flüstert: „Mum, who are those black warriors?“  Diese Bemerkung sorgt für einigen Spaß auch später noch. Wir beziehen unsere Zimmer und duschen, während Giancarlo uns schon mal im Restaurant ankündigt. Auf dem Weg zum Restaurant erzählt uns GC, dass La Fatarella ursprünglich von Muslimen mit dem Bau eines Aussichtsturms wegen der guten Umsicht über die Terra gegründet wurde. Die Ursprünge La Fatarellas sind mittelalterlich, wie verschiedene in Stein gehauene Inschriften an Fassaden zeigen. Enge Gassen durchziehen das Dorf. Die Häuser stehen dicht an dicht, sind meist rechteckig bis quadratisch und machen somit einen geradlinig angeordneten Eindruck. Viele Gebäude sind in eher dunklen beigefarbenen Tönen gehalten und auch die Bedeckungen der Dächer weisen sehr dunkle Rottöne auf.

Im Lokal findet gerade eine Familienfeier statt, jedoch wir erhalten noch einen guten Platz. GC erklärt uns die Speisekarte und erledigt auch noch die Bestellung für uns. Es gibt einiges an Vorspeisen, welche die katalonische Küche so zu bieten hat, als Hauptspeise Paella und fette, medium gebratene Steaks. Jürgen und Seppe meinen, das wäre die beste Paella, die sie je gegessen haben. Wir bewundern einige Zeit die katalonischen Blätterteigwunderwerke der allmählich endenden Familienfeier und dürfen diese dann in rauen Mengen kosten. Der Wirt beliefert uns inzwischen mit 2 weiteren Flaschen Rotwein, die anscheinend der Lese des Bürgermeisters entstammen, mit den Worten „venga, venga“. GC übersetzt das als „auf geht´s“. Später gibt´s vom Wirt noch eine Runde Whiskey. Als dieser sich uns widmet, tippt sich die Wirtin ein paarmal mit dem Finger an die Stirn, „der spinnt, der Alte“. So bleibt uns dieser Abend sicher ewig in Erinnerung.

Tag 4

GC geleitet uns in einen großen Raum im Erdgeschoss, wo bereits ein reichhaltiges Frühstück vorbereitet ist. Es ist ein großer, kühler Raum, der liebevoll restauriert scheint. Die großen, hellgrauen Quadersteine, welche die Außenwand des Hauses bilden sind mühevoll freigelegt und sauber in den Raum integriert. Wir begleichen die Rechnung von 27€ großzügig mit je 30€ und besteigen kurz nach 9 Uhr unsere Maschinen. Tochter Lunel ist auch schon wach. Sie will unbedingt den Start der „schwarzen Krieger“ miterleben. Nach herzlicher Verabschiedung fahren wir bei kühler Temperatur um 15°C los auf die 2. Etappe auf spanischem Boden, die ca. 460km misst. Wir verlassen La Fatarella auf ein paar schwungvollen Straßen und biegen dann auf die C-43 ab. Straße und Landschaft beeindrucken uns zutiefst. Felsformationen türmen sich rechts und links von uns auf. Das Gestein hat Farben von hellem beige über rötliche Töne bis hin zu hellem grau. Die glänzen wie mit Klarlack besprüht und laden uns ein, diese herrliche Straße zu benutzen. Der dunkle Belag bildet einen geradezu passenden Kontrast zu der ganzen Landschaft ringsum. Die Straße ist übersichtlich und diese langgezogenen Kurven können bedenkenlos durchflogen werden. Ein Vergleich zu Kurven wohlgeformter Frauen zwingt sich mir auf. Shakira kommt mir in den Sinn und scheint den Vergleich vorzüglich zu treffen. Nur im Gegensatz zu Shakira, die ihre Kurven auf perfekte Weise bewegt, mäandern wir auf den Kurven dieser Straße dahin, wie das Wasser, welches dem Flussverlauf rechts neben uns folgt, in dem Bett, das so in Jahrmillionen entstanden ist.

Bei durchfahren auf der T-333 erstreckt sich auf der rechten Seite der Naturpark del Ports. Auf dessen Höhen stehen Kiefern und Steineichen. Auch ein Buchenwaldgebiet (Rotbuche) ist erhalten geblieben, eines der südlichsten in Europa. Die berühmteste Buche im Park ist der „faig pare“, der „Vater der Buchen“. Auf den folgenden Straßen AL-1414, N-232,  CV-12, CV-15 kommen wir schnell voran. Kurzen geraden Abschnitten folgen immer wieder harmonisch geschwungene Passagen auf guten Belägen. Was dem Fahrspaß extrem zu Gute kommt, ist dass wir hier fast alleine sind. Es schwirren auch nur wenige Insekten durch die Luft, die nach Ableben die Sicht auf dem Visier trüben. Wir passieren große, akkurat angelegte Olivenhaine und verschiedene andere landwirtschaftliche Anbauten. Die häufig auftretenden Warnschilder für Kühe und Rehe amüsieren mich, denn ich sehe eigentlich keine. Eine sich permanent wechselnde Landschaft begleitet unseren Weg. Hinter fruchtbaren Ebenen erheben sind imponierende Felswände dunkelgrauen Gesteins und grün bewaldete Hügel sind zu sehen.

Da wir permanent auf guten, kurvenreichen Straßen unterwegs sind entschließe ich mich an dieser Stelle folgende Abkürzungen einzuführen:

Lü* = überwältigende Landschaft

Ke* = enge Kehren (klar, auf bestem Belag)

Km* = Kurven, mittlere Radien (klar, auf bestem Belag)

Kl* = Kurven, lange Radien (klar, auf bestem Belag)

Die Route führt uns weiter auf Höhen über 1200m. Die Temperatur liegt bei angenehmen 18 bis 22°C. Wir steuern auf eine Anhöhe zu, auf der ein beeindruckendes Felsplateau thront, welches dem Tafelberg ähnelt. Zu dessen Füßen erstreckt sich die kleine Stadt „Ares del Maestre“, aus der die Pfarrkirche mit ihrer Barockfassade hervorsticht. Der Glockenturm, der an das Hauptschiff anschließt, ist erstaunlicherweise niedriger als der Rest des Gebäudes. Im Gegensatz zu den katalonischen Dörfern sind die Fassaden der  Häuser hier in der Provinz Castellon in hellem Weiß gehalten, und die Dächer mit Ziegeln in roter Farbe gedeckt. Nach passieren der Anhöhe erwartet uns ein Lü* Panorama. Wir können den Blick bis in weite Ferne über terrassenartig angelegte Felder schweifen lassen, die in graubraunen und grünen Farben daliegen, und irgendwie an Reisanbau erinnern. Was uns noch mehr beflügelt ist das tiefschwarze Band, welches die CV-15 vor uns in die Landschaft zaubert. Wir stürzen uns auf wenigen Kilometern auf dieser übersichtlichen und breiten Straße (Kl*) um ca. 300 m in die Tiefe auf ca. 800m über NN. Wir haben knapp 200km Landstraße hinter uns, und um schneller ans Ziel zu kommen nutzen wir die CV-10, die bald  4-spurig ausgebaut ist, und die kostenfreie Autovia A-7 und passieren so Valencia. Bei auf über 30°C steigenden Temperaturen scheint dies ein notwendiges Übel zu sein, das aber mit Erreichen der CV-70 ein jähes Ende nimmt. Wir schrauben uns nochmals auf eine Höhe von über 900m (Ke* bis Km* bei Lü*), um dann an unser Ziel hinunter zu fahren. Heute erfahren wir großes Grande Finale. Die CV-70 wird breit mit Kl*, ist übersichtlich mit extra Verbreiterung aus rotem Teer – grandios! Perlenschnur ist nochmals angesagt.

Über gefühlte 47 Kreisverkehre geht es dann 4-spurig hinunter an die Küste nach Benidorm. Was wir da ausgewählt haben kommt jetzt erst ans Licht. Was ist das denn? Wir schauen auf eine beeindruckende Skyline herab. Manhattan Spaniens. Hier stehen 140 der 200 höchsten Gebäude Spaniens. Über noch mehr Kreisel steuern wir Hotels an, die wir als günstig notiert haben. Wir flanieren noch kurz am Strand. Auffällig sind für Anfang Juni die vielen Touristen aus allen Herren Ländern. Kein Wunder, dass die günstigen Hotels ausgebucht sind. Wir landen schließlich am Hotel Bali. 776 Zimmer auf 49 Stockwerken! An der Rezeption fragen wir eine junge spanische Frau von makelloser Schönheit nach den Kosten. Gesichtszüge wie Heidi Klum, nur noch schöner und charmanter. Sie nennt uns 60€ inclusive Parkplatz und HP. Ich betrachte immer wieder ihr Gesicht und denke, jeder Blick den sie mir zuwirft, ist einen € wert – das Hotel wir immer günstiger. Beim Bezahlen sind es 51,9€. Wir fragen nicht nach warum. Nachdem wir die Zimmer im 32. Stock bezogen haben, bereue ich keinen Cent. Der Blick übers Meer und die Bucht von Benidorm ist grandios. Vermutlich kann man im Hochsommer die Massenmenschhaltung mit Seeblick von hier besonders gut sehen, aber keine Lücke zu dem schönen Sandstrand. Zu verdanken ist dies einem Bürgermeister, der hier Anfang der 60er Jahre, um den Tourismus anzutreiben, das Baden in Bikinis erlaubt hat, und so dem sittenstrengen Regimes Francos entfliehen zu können, was den Erzbischof Valencias wiederum dazu bewogen hat, dem Bürgermeister mit Exkommunizierung zu drohen.

Es ist kurz vor 20 Uhr als wir uns in Richtung Speisesaal bewegen. Dort werden wir wegen der Badeschlappen zunächst abgewiesen, aber Seppe setzt sich elegant durch und wir ziehen alle mit. Es gibt allerlei zu Essen. Fleischküchle, Fisch, aber allesamt irgendwie keine kulinarischen Spezialitäten. Jürgen wird am nächsten Morgen beim Frühstück feststellen, dass man sogar Spiegeleier fahd kochen kann. Essen ist hier in Benidorm wohl eher Nebensache. Aufstrebend sind leider all you can drink bars. Wir trinken da lieber gemütlich eins nach dem anderen in einer kleinen Bar gegenüber dem Hotel und lassen diesen ereignisreichen Tag ausklingen.


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