Auf den gefahrenen Strecken in Albanien habe ich nur selten einen großen Supermarkt gesehen. Kleine regionale Läden, die alles bieten, was man zum Leben braucht oder am Straßenrand Stände mit dem was lokal angebaut wird und gerade Saison hat, findet man immer wieder. Aber hier in Saranda ist das anders. Hier gibt es neben den kleineren
Land / Region: Albanien / Greece / Sarande / Korfu Charakter: Straße Länge: 1300 km (ohne Strecke Igoumenitsa - Venedig) Reisezeit: Oktober |
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... lokalen Einkaufsläden auch einen großen Supermarkt mit einer wirklich reichhaltigen Auswahl. Das ist jetzt eine Umgewöhnung gegenüber den Tagen vorher. Hier finde ich auch endlich das von mir so dringend benötigte grüne Kopierpapier. Farblich genauso wie die offizielle grüne Karte. Auch eine Kopiermöglichkeit gibt es hier und so wird aus einer weißen "grünen" Karte eine offizielle grüne Karte. Die Karte benötige ich für die Rückreise von Korfu nach Albanien. Da ich direkten Blick auf Korfu habe und diese Insel noch nie besucht habe, reift in mir der Entschluss, mit dem Motorrad einen Kurztrip dorthin zu unternehmen. Am Strand in Saranda treffe ich ein Paar aus dem Ruhrpott und Sie haben wie viele andere einen Ausflug von Korfu nach Saranda gemacht. Grund hierfür sind die tagelangen Regengüsse auf Korfu und da man nicht weit weg von Albanien ist, fahren die Regen geplagten Korfu Gäste mit der Fähre in die Sonne nach Saranda.
Meine Planung sieht nun folgendermaßen aus. Ich werde mir den Bereich Butrint anschauen, dann Korfu und hiernach Girokaster.
Butrint ist eine Ruinenstadt im Süden Albaniens, rund 20 Kilometer südlich der Stadt Saranda gelegen. Sie dehnt sich auf einer Halbinsel aus, die im Norden und Osten vom Butrintsee und im Süden vom Vivar-Kanal umgeben ist. Von Saranda geht es über die SH 81 nach Butrint. Einen lohnenswerten Zwischenstopp lege ich in Ksamil ein. Ksamil ist ein kleiner aber sehr schön gelegener Badeort. Hierzu gehören auch vier kleine Inseln. Den Blick auf die kleinen Inseln und auf Korfu genieße ich bei einem Kaffee. Von hier geht es weiter Richtung NP Butrint. Die wichtigste Attraktion bildet die zum Unesco-Welterbe zählende antike Stätte Butrint. Von Butrint aus geht es mit einer kleinen Fähre auf die andere Seite und über die SH 81 Richtung Vrine und dann über Xarre auf die SH 98 zurück nach Saranda. Mit ein paar kleinen Abstechern sind es knapp 80 Kilometer.
Der Tagestrip nach Korfu endet ganz anders als gedacht. Unterschätzt habe ich die Zollformalitäten. Beim Zoll in Saranda werde ich gefragt, an welchem Grenzübergang ich denn eingereist bin. Im System bin ich nicht registriert. Ich zeige den Übergang auf der Karte und habe den Eindruck, dass die Beamtin sehr überrascht ist. Zwei Fahrzeuge sind für die kleine Fähre nach Korfu gemeldet. Ein Ehepaar aus der Türkei muss so einiges über sich ergehen lassen. Genauestens wird der Audi untersucht. Nichts bleibt den Umstehenden verborgen. Ob Zigarre aus dem Handschuhfach, kleinere Utensilien aus den Türseitentaschen oder auch, was man so im Kofferraum hat. Wir können alle die Urlaubsausstattung des Ehepaares Schritt für Schritt sehen. Diese Aktion dauert gefühlt eine Ewigkeit. Jetzt bin ich dran. Bitte den Seitenkoffer öffnen. Gesagt, getan. Ein kurzer oberflächlicher Blick. Alles okay. Gefühlte Aktionsdauer 5 Sekunden. Wir dürfen jetzt auf die Fähre. Auf der Fahrt nach Korfu trete ich mich nach einer knappen halben Stunde kräftig in den Allerwertesten. Ich fahre bei wirklich bestem Wetter los und komme in ein Regenloch hinein (Bild 1 und 4). Wie war das noch einmal am Strand von Saranda? Warum sind die Leute von Korfu nach Saranda gekommen? Besseres Wetter!!!! Aber es wird noch schlimmer. Neben Regen gibt es dann im Hafen von Korfu die nächste Überraschung. Neben der Queen Victoria liegt noch mindestens ein weiterer Riesenpott im Hafen. Also mache ich mich neben Regen auch noch auf einen großen Touristenstrom gefasst. Aber zuerst muss ich ja durch den Zoll. Das geht zügig. Im strömenden Regen geht es erst einmal nach Korfu Stadt und in einer kleinen Gaststätte mache ich mich über die Vorspeisen her. Als der Regen nachlässt mache ich mich auf, um Korfu zu erfahren. Spaß kommt aber nicht so richtig auf. Es sind sehr viele Leihfahrzeuge und Reisebusse unterwegs und zudem liegt Müll in großen Mengen am Straßenrand (Bild 5). Das habe ich so nicht erwartet. Nachdem ich knapp drei Stunden und ca. 100km durch das Landesinnere und an der Küste gefahren bin, merke ich auf dem Weg Richtung Hafen kurz vor Zielerreichung, dass die Bremswirkung am Bike urplötzlich nicht mehr vorhanden ist. Im Hafen sehe ich dann die Bescherung. Auf der vorderen rechten Radseite hängt der Bremsbelag aus der Zange heraus. Ich habe keine Zeit, um mir darüber jetzt Gedanken zu machen. Ich muss erst einmal zum Zoll um die Aus-/Einreiseformalitäten zu erledigen. Dazu wird das Motorrad vom Zöllner inspiziert. Neben den üblichen Papieren möchte der Zollbeamte die Fahrgestellnummer sehen. Kein Problem denke ich. Aber das No go irritiert mich dann doch. Wir vergleichen beide zusammen Fahrzeugschein und Fahrgestellnummer. Ist doch alles okay? No! Ich zeige Ihm noch einmal die Fahrgestellnummer. No! Da merke ich, dass er keine Brille trägt. Er kann die letzten Ziffern wohl nicht erkennen. Ich zeige Ihm Ziffer für Ziffer. Die letzten erkennt er wirklich nicht. Das Problem lösen wir beide jetzt gemeinsam und ich darf endlich auf die Fähre, denn die Abfahrtszeit ist dank dieser Aktion kräftig überschritten. In Saranda angekommen geht es vom Hafen, nachdem die Zollformalitäten erledigt sind, schnurstracks in meine Unterkunft. Da es dunkel ist werde ich mir am nächsten Morgen die Bescherung näher anschauen und ganz nebenbei, den Tagesausflug nach Korfu hätte ich mir schenken können. Viel zu viel Zeitaufwand (Zoll) um nachher in Touristenströmen zu versacken. Ich bin in den letzten Wochen im Balkan einfach verwöhnt worden. Natürlich war es in Berat auch nicht gerade menschenleer, aber im Vergleich zu Korfu wesentlich angenehmer.
Das Problem Bremsanlage ist größer als ich erwartet habe. Die Gusshalterung der Bremszange ist gerissen. In Albanien ist auch mit Hilfe des ADAC und des Automobilclubs Albaniens kein Ersatz zu beschaffen. Der Ausflug Girokaster ist gestrichen und am späten Nachmittag muss ich irgendwie nach Igoumenitsa kommen. Meine Fähre nach Venedig fährt in der Nacht um 1 Uhr los. Niko, der Vermieter meines Apartments bringt mir zum Festbinden der Bremszange Kabel in ausreichender Menge. Kabelbinder habe ich noch dabei. Kurzerhand montiere ich die gebrochene Halterung ab und befestige diese mit der Bremszange am Standrohr der Gabel. Jetzt mache ich eine kurze Probefahrt und dann geht es über die SH 97 nach Greece. Kurz vor der Grenze treffe ich einen spanischen Biker. Er macht gerade einige Fotos von seinem Bike. Er hat ein ähnliches Problem wie ich. Bei seinem Bike ist der Fußbremshebel nicht mehr vorhanden. Ich bekomme von Ihm Kabelbinder und befestige bei meinem Bike die gebrochene Halterung mit Bremszange noch fester am Gabelstandrohr.
Mit der Fähre geht es für kleines Geld in knapp 25 Stunden von Igoumenitsa nach Venedig. Nachdem ich sehr früh in Venedig ankomme, ca. 1:30 morgens, hake ich das Thema Werkstatt ab und mache mich direkt auf den Weg in meine Heimatstadt. Hier komme ich nach knapp 1100 km am späten Nachmittag an.
Fazit:
Albanien liegt mitten in Europa, aber als ich im Vorfeld erzählt habe, dass mich Albanien reizen würde, hatte ich den Eindruck, dass Albanien doch noch nicht als touristisches Ziel angekommen ist. Wer bei dem augenscheinlichen Müllproblem und teilweise schlechten Straßen ein Auge zudrücken kann, wird Albanien als ein faszinierendes Reiseziel und so ganz nebenbei viele nette herzliche Menschen kennen lernen. Für einen Aufenthalt in Albanien ist sicherlich für jeden etwas dabei. Ob ich wandern möchte, gerne an den Strand gehe oder einfach nur die abwechslungsreiche Landschaft mit den Unesco Weltkulturerben genießen möchte, hier in Albanien kann man eine tolle Zeit haben. Ich werde garantiert wiederkommen, aber sehr wahrscheinlich mit einem wesentlich leichteren Motorrad und gröberer Besohlung. Auch die Anreise werde ich anders gestalten. Ich werde von Venedig mit der Fähre nach Igoumenitsa fahren, denn von hier ist es wirklich ein Katzensprung bis nach Albanien. Vorher oder nachher ein paar Tage in Griechenland verbringen und den Bereich um die Meteora Klöster und den Kalambaka Pass erkunden, wird sicherlich auch eine Option sein. Eine mögliche andere Fährverbindung wäre von Triest (Italien) nach Durres (Albanien). Das ist sicherlich auch interessant bzw. man kombiniert diese beiden Möglichkeiten.
Die Halterung der Bremszange ist mittlerweile erneuert und im Mai geht es mit der Dicken und Begleitung der Breiten (Ural Gespann) nach Rumänien. Bis dahin wünsche ich Allen allzeit gute Fahrt.